Als mir vor Kurzem Sturm Xaver um die Ohren pfiff und das Verteufeln des beginnenden Winterwetters eine Kettenreaktion von berlinfeindlichen Gedanken auslöste (Gentrifizierung, Flüchtlingsdebatte, S-Bahn zu spät und dann mal wieder in Hundekacke getreten), schleppte ich mich trotz Allem zum Homeless Veggie Dinner in Kreuzberg (ein vegetarisches Nachbarschafts-Dinner für Obdachlose, wie der Name schon sagt).
Aus der Begegnungsstätte in der Falckeinsteinstraße drang Gitarrenmusik, ich sah zwei Menschen vergnügt tanzen. Es roch nach Kohlrabisuppe und frischer Pasta. Neben dem festlich dekoriertem Weihnachtsbaum in der Ecke stand Adam, einer der Initiatoren, und moderierte auf Englisch das Verteilen der Wichtelgeschenke. Helfer aller Nationalitäten und Alters füllten Teller, wuschen Töpfe oder verteilten Kuchen.
In all dem geschäftigen Gewusel wurde mir plötzlich bewusst, wie sehr ich dieses Gefühl vermisste, dieses Gefühl einfach willkommen zu sein, neugierig nach meiner Geschichte gefragt zu werden, so ganz unprätentiös. Einfach aufzutauchen, ohne Begleitung und ohne deshalb ständig nervös auf mein Handy starren zu müssen um meine Unsicherheit zu verbergen. Ich kenne dieses Gefühl aus meiner Zeit in Detroit, wo das allmonatliche Community Dinner zu meinen liebsten Tagen des Jahres gehörte und immer mit viel Musik und Freude, aber durchaus auch politischen Diskussionen begangen wurde. Es kann schwer sein „Community“ zu fühlen, wenn keine Notwendigkeit besteht, zusammenzuhalten. So wie zum Beispiel in Detroit, wo fast jede Person unmittelbar von den katastrophalen wirtschaftlichen Verhältnissen betroffen ist. Und in einer Stadt wie Berlin, wo es oft um den Zugang zu irgendeiner Szene oder irgendeines Clubs, oder irgendeines Kiezes geht, wie soll da „Community“ geschaffen werden? Und wie sollen dann noch obdachlose Menschen, die ohnehin schon in eine völlige Parallelwelt verbannt wurden, Kontaktpunkte finden?
Das Homeless Veggie Dinner ist ein wichtiger Schritt in Richtung „Community“, finde ich. Gerade in Kreuzberg, wo die Anzahl der hippen Boutiquen und die Mietpreise ins unermessliche steigen und gleichzeitig jeden Tag reihenweise junge, afrikanische Männer vor meiner Haustür in Polizeibusse geladen werden. Es bietet Gelegenheit einmal mit Menschen aus dem Kiez in Berührung zu kommen, die wir meistens gar nicht wahrnehmen oder doch wenigstens als nervig empfinden. Und Essen war ja schon immer ein gutes Mittel das Eis zu brechen.
Wer mitmachen will, kann sich als Freiwilliger für eine der drei Küchenschichten melden. Außerdem werden immer Menschen gesucht, die Einladungen zum Dinner an Obdachlose verteilen. Natürlich kann man auch einfach zum Essen kommen und einen kleinen Betrag spenden, mit dem man das Dinner für einen Obdachlosen mitfinanziert.
Das nächste Dinner findet am 25. Januar 2014 statt. Everyone welcome.
Homeless Veggie Dinner
Begegnungstätte Falckensteinstraße
Falckensteinstraße 6, 10997 Berlin (Ubhf Schlesisches Tor)
Für mehr Infos könnt ihr auch der Facebookgruppe beitreten.
Wie ihr den Obdachlosen Berlins noch helfen könnt:
- Speichert (und nutzt!) die Nummer des Kältebusses. Diese lautet: (0178) 523 58-38.
- Spendet Kleidung und Lebensmittel anb die Kältehilfe der Berliner Stadtmission
- Schenkt Wärme!
Bei der Aktion Wärme Schenken könnt ihr Geld (auch kleine Beträge) zum Kauf von Schlafsäcken für Obdachlose spenden. Hier findet ihr Wärme Schenken auf Facebook.
Auch könnt ihr Obdachlosen helfen, indem ihr uns, die Berliner Obdachlosenhilfe (auf FB) unterstützt! Viele Grüße Andy