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Kunst & Käse – Teil einer weltweiten Bewegung

By BERLIN LOVES YOU . October 28, 2014

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„Die besonders Beuligen sind hier in Berlin gefragt“, sagt Ute Rohrbeck, 52, und erzählt von ihrer Kunst und ihren Erfindungen. Seit ein paar Jahren erfindet sie Käse, großartigen Ziegenkäse.
Wir sitzen in der Küche, einem der Hinterräume von „Kunst & Käse“ im Bergmannkiez. Die gebürtige Berlinerin ist vor über zwanzig Jahren aus der Stadt raus aufs Land gezogen. Nun ist sie zurückgekehrt. Als Teil einer weltweiten Bewegung. In Berlin begegnet man ihr und dieser Bewegung in letzter Zeit häufiger. Markthalle Neun, Stadt Land Food, Cheese Berlin, Streetfood Berlinale und einiges mehr. Events und Orte entstehen, werden zelebriert und kreisen um einen Zeitgeist, um die Ideen von Slow Food und gesundem Menschenverstand. Es geht ums Essen – um Food, wie gern gesagt wird. Good Food. Es schmeckt nicht nur verdammt gut, sondern hat das Zeug die Welt zu retten, oder sie zumindest partiell sehr erträglich zu gestalten. Essen ist das neue Feiern, sagt man. Designer, Gentrifizierungsopfer und -täter, Nahrungsaktivisten, Genießer und Suchende, Künstler als Lebensmittelspezialisten, und umgekehrt, huldigen diese Art Food und formen eine Gegenbewegung zum uniformen und globalisierten Fastfood und seinen Konsequenzen.

Ein zentraler Ort dieser Initiativen ist die Markthalle Neun. In ihrem Konzept heißt es:
„Die Markthalle Neun will demonstrieren wie „Anders-Essen“ und „Anders-Einkaufen“ in der Stadt möglich sind: regional- und saisonal-betont, verbunden mit lokaler Wertschöpfung und kurzen Wegen, verantwortungsbewußt, fair, ökologisch, im direkten Kontakt mit den Erzeugern und – bei Fleisch und Fisch – aus artgerechter Haltung bzw. nachhaltigem Fang. Die schrittweise Wiederansiedlung des kleinteiligen Lebensmittelhandels und -handwerks auf der zuvor von Discountern dominierten Fläche bedeutet auch die Wiederaneignung der Halle als lebendiger Ort im Quartier …“

Ute Rohrbeck war schon 2013 Teil der Cheese Berlin und hat auch Anfang Oktober beim Stadt Land Food-Festival ihren Käse präsentiert. Im Mai hat sie zusammen mit Tochter Lale ihren Laden „Kunst & Käse“ in der Solmstraße in Kreuzberg 61 eröffnet. Hier vermarktet sie ihr Lebensmittel direkt. In der hauseigenen Käse-Manufaktur im Biosphärenreservat Schaalsee produziert sie wöchentlich aus ca. 1000 Liter Ziegenmilch 200 Kilogramm Käse – 20 Sorten, die begeistern und handgemacht sind. „Gerade erfinde ich wieder eine neue Palette“, sagt sie und meint besonders Beulige.

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Schon als Kind in Berlin war Ute Rohrbeck kulturschaffend. Sie gab der Anne von den Fünf Freunde-Hörspielen ihre Stimme. Später zog sie oft durch die Stadt und feierte viel. Nach dem Abi machte sie eine Lehre als Theatermalerin und landete dann als Ausstatterin beim Film. Bei einer Detlev Buck-Produktion lernte sie ihren Mann kennen. Sie gründeten eine Familie, lebten noch drei Jahre in Hamburg und zogen dann in ein renovierungsbedürftiges Gutshaus in Meck-Pomm, ins besagte Biosphärenreservat Schaalsee. Fasziniert und gut aufgenommen von diesem Ort, wollte sie etwas für die Region tun. „Eine Faschingsidee“ brachte sie darauf, Ziegenkäse zu machen. Sie schulte sich selber in der Kunst des Käsens. Nun hat sie einen Kompagnon mit einer Herde von über 140 Ziegen, hat Arbeitsplätze in der ehemaligen Grenzregion geschaffen und produziert ein Lebensmittel ganz im Sinne von Slow Food. Seit Mai kommt sie regelmäßig nach Berlin, um ihren Laden zu bestücken. Am 2. November wird man sie auch mit einem Stand auf dem Käsefestival Cheese Berlin in der Markthalle Neun antreffen.

Kunst und Käse

Ein paar Tage nachdem Ute Rohrbeck mir ihre Geschichte erzählt hat, betrete ich auf Drängen meines imaginären Freundes Fred erneut „Kunst & Käse“. Fred hat genug gehört. Jetzt will er der puren Lust und dem Genuss nachgehen. Wofür ist er schließlich da? Bescheiden hat er sich eine Stulle mit dem milden Schnittkäse mit Rosmarin namens Ros Marie und Pflaumenchutney gegönnt, als wir das erste Mal in dem Laden waren. Nun will er mehr. Er erinnert sich gut, wie die Käsekünstlerin von ihrem Camembert geschwärmt hat. „Nach einer Weile zerfließt er. Das muss so sein“, hat sie gesagt. Fred will dem folgen und ordert ein paar Highlights aus der Auslage. Ich muss ihn zügeln. Am liebsten würde er alles mitnehmen. Der Blaue Künstler und Meck Prom, beide preisgekrönt, sowie der Dattelvulkan, der Camembert und Ricotta begleiten uns nach Neukölln, um mit uns, der Familie und Freunden ein feines Käsefest zu feiern.
Nachdem wir schon längst der Empfehlung gefolgt sind, uns mit jenem Ricotta auf geröstetem Brot mit Trüffelöl, Tomaten und frischem Basilikum zu beglücken, beugt sich Fred berauscht zu mir hinüber. Gemeinsam kosten wir ein Stück Meck Prom. Er schmeckt nach Land, Heu, Ziege und Stall. Das mag fragwürdig klingen, doch überzeugt auch Skeptiker durch Harmonie und Frische. Ein Band ist geknüpft zwischen Stadt und Land. Danke, Ute Rohrbeck und alle Food-Aktivisten.
„Das nächste Mal müssen wir die Beuligen probieren“, flüstert mir Fred verschwörerisch zu.

Der Laden:
Kunst & Käse
Solmsstraße 26
10961 Berlin

Tel. 030-810 30 266

Öffnungszeiten:
Mo. – Sa. 11-19 Uhr

www.kunstundkaese.de
https://de-de.facebook.com/kunstundkaese

Die Cheese Berlin 2014 findet am 2. November in der Markthalle Neun statt.

www.markthalleneun.de

Text: Christoph Kalbitzer

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