PEPPR: eine Berlin-born App revolutioniert das älteste Gewerbe der Welt
By Clio Saal . May 21, 2014
Ich traf Pia Poppenreiter zum ersten Mal beim Kohlrabischnippeln. Es sollte gekocht werden für die Obdachlosen und Nachbarn des Wrangelkiezes und diesmal war bei den Gemüsehändlern vom Maybachufer wohl übermäßig viel Kohlrabi abgefallen. Beim Schälen für Kohlrabisuppe, Kohlrabi Indischer Art und Kohlrabisalat war also genug Zeit für Austausch; wer wir alle denn eigentlich waren und was wir hier machten. Pia kommt eigentlich aus Oberösterreich und hat BWL mit dem Schwerpunkt Wirtschaftethik studiert. Sie war gerade dabei ein Start-up zu gründen. Nichts besonderes in Berlin? Nicht bis zu den Punkt, an dem mir Pia zum ersten Mal von dem eiskalten Abend erzählte, an dem sie mit Freunden am Hackeschen Markt vorbeilief und einige Sexarbeiterinnen frierend auf der Straße stehen sah. So entstand die Idee für Peppr, eine App für Prostituierte. Und jetzt also, einen erfolgreichen Launch und viel, viel mediale Aufmerksamkeit später, hat sie weitererzählt…
Du hattest mir ja schon erzählt wie du auf die Idee für Peppr gekommen bist, wie seid ihr dann vorgegangen um den Bedarf bei den Prostituierten zu erfragen?
Ich bin in die Szene gegangen und habe mich mit vielen Sexworkern unterhalten. Das war erst nicht einfach, da die Leute sehr misstrauisch und verschlossen sind, aber mit der Zeit bekamen sie Vertrauen und erzählten mir aus ihrem Alltag und von ihren Bedürfnissen. Ich musste nicht nur um 100% umdenken, sondern um 1000%. Ich habe mein ganzes Weltbild auf dem Kopf stellen müssen – was nicht einfach war für mich, ich aber als Bereicherung empfinde!
Wie kann die App den Sexworkerinnen in Deutschland das Leben vereinfachen?
Durch die App haben die Sexworker die Möglichkeit frei von Rotlicht und kriminellen Millieustrukturen einfach, diskret und sicher ihre Dienstleistungen anzubieten und die Details zu verhandeln. Sie sitzen bequem zu Hause, in der Uni oder gehen spazieren und können alles über das Handy abwickeln, ohne irgendwo an unbequemen Orten wie Straße oder einem Barhocker umgeben von Betrunkenen herumsitzen zu müssen und müssen ihren Alltag deswegen nicht unterbrechen. Sie gewinnen dadurch sehr viel Lebens- und Arbeitsqualität dazu, indem sie ihre Zeit drum herum viel konstruktiver nutzen können, bis sie sich aufmachen um Ihren Gast besuchen. Durch die Buchungsgebühr und die Kreditkartenangabe haben wir auch eine wirksame Kontrollinstanz in der Hand um Spaßbucher oder Leute mit schlechten Absichten sofort auszusieben. Bislang klappt das einwandfrei.
Wie wird die App bis jetzt angenommen?
Sehr, sehr gut – von Pepprs und von Kunden! Wir sind ganz aus dem Häuschen! Die Pressemitteilungen haben uns total überrollt! Wir sind einmal rund um die Welt gerollt! Ich kann es bis jetzt nicht glauben! Unfassbar!
Wie stellt ihr den Kontakt zu den Frauen/Männern her?
Bis jetzt kommen sie auf uns zu! Wir kommen gar nicht nach mit dem Beantworten der Anfragen. Wir haben aber trotzdem vor, ganz stockkonservativ Anzeigen und Banner zu schalten, denn wir wollen und können uns nicht immer auf die Berichterstattung in der Presse verlassen. Die Aufmerksamkeitskultur unserer Gegenwart hat eine sehr kurze Halbwertszeit und wir wollen und müssen präsent bleiben um weitermachen zu können.
Gibt es die App nur in Berlin?
Mittlerweile nehmen wir Interessenten von ganz Deutschland auf. Wir freuen uns über jede einzelne Profilanmeldung!
Beim Thema Prostitution denken viele Menschen an Zwang und Menschenhandel. Wie hat Peppr deine Meinung zum Thema beeinflusst? Wie geht ihr mit diesen heiklen Themen um?
Wenn es das Thema nicht gäbe, hätte ich die App nie erfunden! Mir wurde von allen Sexworkern und etlichen Fachstellen und Experten bescheinigt, dass meine Erfindung die erste ernstzunehmende Chance ist, diese Strukturen aushebeln zu können. Dieses Thema ist der rote Faden meiner Arbeit und feuert mich jeden Tag aufs Neue an, weiterzumachen.
PEPPR
www.peppr.it